5212-303 - Nistertal und Kroppacher Schweiz | Fauna-Flora-Habitat-Gebiete in RLP

Steckbrief zum FFH-Gebiet

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Größe[ha]:

1.113

Landkreise und kreisfreie Städte:

Altenkirchen, Westerwaldkreis

Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden:

Altenkirchen (Westerwald), Bad Marienberg (Westerwald), Daaden, Gebhardshain, Hachenburg, Hamm (Sieg), Rennerod, Westerburg, Wissen

Gebietsbeschreibung:

Die Quellbäche der Nister entspringen auf der Westerwälder Basalthochfläche in 550 und 600 m Höhe. Auf ihrem Lauf zur Sieg durchfließt die Nister das Plateau des Dreifelder Weiherlandes. Hier dominiert in den Talweitungen noch Grünland, meist intensiv als Mähweide genutzt.

Im Nisterbergland schneidet sich die Nister dann tief in das devonische Grundgebirge ein. Es bilden sich windungsreiche Talabschnitte mit konvex geformten Hängen. Im Bereich der Sandsteine, Rauhflaserschichten und Quarzgänge treten an den steilen Hängen Felswände und Rippen hervor, die der sogenannten "Kroppacher Schweiz" einen besonderen Reiz verleihen. In Gebieten mit weniger widerstandfähigem Tonschiefer entstanden kleinere Talweitungen. Die Siedlungen liegen zumeist auf den schmalen Terrassenresten. Auf den steilen Hängen mit flachgründigen steinigen Böden wächst lichter Laubwald - früher teilweise als Haubergswald (Niederwald) genutzt - oder Fichtenforst. Auf den Hochflächenresten mit tiefgründigeren Braunerdeböden wird Ackerbau betrieben.

Die Nisteraue ist ein überregional wirkendes Vernetzungsband mit einer hohen Biotop- und Strukturvielfalt wie auch die Vielzahl von Tierarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie belegt. Erwähnt sei auch ihre Bedeutung als Nahrungsbiotop des Schwarzstorches.

Das Mosaik aus intensiv oder extensiv genutzten sowie brach gefallenen Wiesen und Weiden ermöglicht das Vorkommen charakteristischer Vogelarten. Vor allem Braunkehlchen und Wiesenpieper, aber auch Kiebitz, Bekassine und Rohrammer nutzen die Nisteraue als Lebensraum. Wo der Große Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) wächst, kommt der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling vor. Der  Sumpf-Grashüpfer (Chorthippus montanus) ist charakteristisch für die Feucht- und Nasswiesen der Aue.

Durch das Programm Lachs 2000 ist der Lachs in der Nister wieder heimisch geworden. Eine kleine Sensation war die Wiederentdeckung einer Population der seit 1985 als ausgestorben geltenden Flussperlmuschel im Jahr 2006. Diese Art kommt in Rheinland-Pfalz sonst nur noch in der Our vor.

Am Fluss leben Eisvogel, Wasseramsel, Blauflügelige und Gebänderte Prachtlibelle sowie die Zweigestreifte Quelljungfer. Die Hecken und Feldgehölze sind Lebensraum mehrerer Brutpaare des Neuntöters. Da viele Hänge nicht mehr als Niederwald bewirtschaftet werden, ist das Haselhuhn selten geworden, dafür bieten jetzt steile Hänge mit ihren (lichten) Eichenbeständen Mittel- und Grünspechten günstige Lebensbedingungen. Außerdem sind Höhlen und Stollen, vor allem zwischen Wissen und Bruchertseifen, und die sie umschließenden Wälder für Fledermäuse wichtige Lebensräume.

Die im Mai oder Juni blühende Pfingst-Nelke (Dianthus gratianopolitanus) wächst im Bereich der Kroppacher Schweiz auf fast senkrechten Felswänden oder Felsbrocken zusammen mit anderen für solche extreme Standortverhältnisse typischen Pflanzenarten wie dem Nordischen Streifenfarn (Asplenium septentrionale), der Traubigen Graslilie (Anthericum liliago) oder der Weißen Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria).

Eindrucksvoll sind die Himmelsleiterfluren (Valeriano-Polemonietum) der Nisteraue. Die himmel- bis violettblauen Blütenrispen erheben sich im Sommer über den weiß blühenden Blüten des Mädesüß (Filipendula ulmaria).

Eine Besonderheit des Westerwaldes ist die Sumpfstorchschnabel-Mädesüß-Gesellschaft (Filipendulo-Geranietum palustris). Floristisch herausragend sind Vorkommen des Straußfarns (Matteuccia struthiopteris), des Blauen Eisenhuts (Aconitum napellus) und der Breitblättrigen Glockenblume (Campanula latifolia). Die Pflanzengesellschaften mit Himmelsleiter und Sumpfstorchschnabel, die ihren Verbreitungsschwerpunkt im Westerwald haben, unterstreichen wie auch das Vorkommen floristischer Kostbarkeiten wie der Pfingst-Nelke die große Bedeutung des Gebietes.

Lebensraumtypen (Anhang I):

3150 Natürliche eutrophe Seen mit einer Vegetation des Magnopotamions oder Hydrocharitions
3260 Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und des Callitricho-Batrachion
* 6230 Artenreiche montane Borstgrasrasen (und submontan auf dem europäischen Festland) auf Silikatböden
6410 Pfeifengraswiesen auf kalkreichem Boden, torfigen und tonig-schluffigen Böden (Molinion caeruleae)
6430 Feuchte Hochstaudenfluren der planaren und montanen bis alpinen Stufe
6510 Magere Flachland-Mähwiesen (Alopecurus pratensis, Sanguisorba officinalis)
8150 Kieselhaltige Schutthalden der Berglagen Mitteleuropas
8220 Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation
8230 Silikatfelsen mit ihrer Pioniervegetation (Sedo-Scleranthion, Sedo albi-Veronicion dillenii)
8310 Nicht touristisch erschlossene Höhlen
9110 Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum)
9130 Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum)
9160 Subatlantischer oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-Hainbuchenwald (Carpinion betuli)
9170 Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald (Galio-Carpinetum)
* 9180 Schlucht- und Hangmischwälder (Tilio-Acerion)
* 91E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno padion, Alnion incanae, Salicion albae)

* = Prioritärer Lebensraumtyp

Arten (Anhang II):

Säugetiere

Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)
Großes Mausohr (Myotis myotis)

Fische und Rundmäuler

Bachneunauge (Lampetra planeri)
Groppe (Cottus gobio)
Lachs (Salmo salar)

Käfer

Hirschkäfer (Lucanus cervus)

Schmetterlinge

Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous)

Weichtiere

Bachmuschel (Unio crassus)

* = Prioritäre Art

Bewirtschaftungsplanung:

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Literatur:

Bosselmann, J. (2000): Ornithologischer Jahresbericht 1999 Pflanzen und Tiere in Rheinland-Pfalz - Jahresbericht 1999. 10: 12-98. 

Eislöffel, F. (1989): Verbreitung und Vorkommen der Libellen (Insecta: Odonata) im Regierungsbezirk Koblenz. Fauna Flora Rheinland-Pfalz 5(2): 305-561.

Fischer, H. (1972): Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 124 Siegen. Geographische Landesaufnahme 1:200.000. Naturräumliche Gliederung Deutschlands. 35 pp.

Fischer, K. (1996): Populationsstruktur, Mobilität und Habitatpräferenzen des Blauschillernden Feuerfalters Lycaena helle Denis & Schiffmüller, 1775 (Lepidoptera: Lycaenidae) in Westdeutschland. Diplomarbeit am Fachbereich Biologie (Fachgebiet Naturschutz) der Phillips-Universität Marburg. 116 pp.

Fischer, K.; Kunz, M. (1994): Grünland-Leitarten des Westerwaldes: Verbreitung, Lebensraumansprüche, Gefährdung, Schutz. Im Auftrag des Landesamtes für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht. 205 pp., Anhang.

Froehlich, C. (1990): Verbreitung und Gefährdungssituation der Heuschrecken (Insecta: Saltatoria) im Regierungsbezirk Koblenz. Fauna Flora Rheinland-Pfalz 6(1): 5-200.

Geitner, H. (1954): Die Pfingstnelke (Dianthus gratianopolitanus VILL.) im Nistertal (Westerwald). Hess. flor. Briefe 3: 4.

Jungbluth, J. H.; Fischer, E.; Kunz, M.; Lenz, I.; Gruschwitz, M.; Scharf, B. W.; Stüber, R. (1989): Die Naturschutzgebiete in Rheinland-Pfalz IV. die Planungsregion Mittelrhein-Westerwald. Mainzer naturwiss. Archiv Beih. 11. 414 pp., Abb. und Tafeln.

Kriegel, J. (2000): FFH-Verträglichkeitsstudie auf der Ebene des Flächennutzungsplanes der Verbandsgemeinde Bad Marienberg für das geplante Gewerbegebiet Nistertal. Stand Januar 2000 Kriegel, J., Hauptstr. 1a, 56237 Wirscheid. 19 pp. Karten.

Kunz, M. (2000): Zum Vorkommen der Moorbläulinge Maculinea nausithous (Bergsträsser, 1779) und Maculinea teleius (Bergsträsser, 1779) im Westerwald (Rheinland-Pfalz) (Lepidoptera: Lycaeinidae). Fauna Flora Rheinland-Pfalz 9(2): 557-582.

Kunz, M. (2001): Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz des Schwarzstorches (Ciconia nigra L.) im Westerwald. Schwarzstorch-Symposium, 16.03.2001, Hunsrückhaus, Erbeskopf, Landkreis Bernkastel-Wittlich. Unveröff, Mskr. 9 pp.

LfUG; FÖA (1991): Planung Vernetzter Biotopsysteme. Bereich Landkreis Altenkirchen. Ministerium für Umwelt Rheinland-Pfalz, Mainz und Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht, Oppenheim (Hrsg.). 192 pp., Anhänge, Karten.

LfUG; FÖA (1993): Planung Vernetzter Biotopsysteme. Bereich Landkreis Westerwald. Ministerium für Umwelt Rheinland-Pfalz, Mainz und Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht, Oppenheim (Hrsg.). 214 pp., Anhänge, Karten.

Roth, H. J. (1983): Polemonium caeruleum L. im Westerwald. Hessische Floristische Briefe 32: 11-13.

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Schwickert, P. W. (1992): Vegetationsgeographische Untersuchungen im Hohen Westerwald unter besonderer Berücksichtigung der Pflanzengesellschaften des montanen Grünlandes. Fauna Flora Rheinland-Pfalz Beiheft 4. 136 pp., Karten, Tabellen.

Weyer, G. (1986): Konzeption zur Ausweisung des potenziellen Naturschutzgebietes "Nistertal" bei Helmeroth (Rheinland-Pfalz) mit Pflege- und Entwicklungsplan. Diplomarbeit am Fachbereich Gartenbau und Landespflege der Fachhochschule Wiesbaden. 149 pp

Stand: 29.01.2016