1065 - Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 1065 der FFH-Richtlinie

Skabiosen-Scheckenfalter (Euphydryas aurinia)

Gruppe:

Schmetterlinge

Merkmale:

Der Skabiosen-Scheckenfalter gehört zur Familie der Edelfalter (Nymphalidae). Seine Flügelspannweite umfasst etwa 3,5 bis 4 Zentimeter. Die Grundfarbe der Flügeloberseite wird von Braun-, Gelb- und Orangetönen bestimmt, die ein typisches schachbrettartiges Muster bilden. Auffallend ist die Reihe schwarzer Punkte in den orangefarbenen Feldern am äußeren  Rand der Hinterflügel. Die Flügelunterseite ist blass rostbraun.

Die ungefähr 3 Zentimeter langen schwarzen Raupen sind am Rücken weiß gepunktet und tragen seitlich eine weiß-schwarze Längsbinde. Die Puppe ist weiß mit einem gelb-braunschwarzen Muster.

Lebensraum:

Der Falter lebt in Rheinland-Pfalz in Mittelgebirgslagen auf blütenreichen Magerrasen und Feuchtwiesen. Bevorzugt werden lückige kurzrasige Vegetationsbestände. Es existieren bei dieser Art zwei getrennte ökologische Rassen, die entweder Feuchtgrünland oder Trockenstandorte besiedeln. Im Westerwald sind dies neben bodensauren Borstgrasrasen besonders Rasenschmielen-Knöterich-Weiden und Rotschwingelweiden. Vor allem im Zweibrücker Raum ist Euphydryas aurinia ein typischer Besiedler der basenreichen Halbtrockenrasen.

Biologie und Ökologie:

Der Skabiosen-Scheckenfalter fliegt zwischen Mitte Mai und Anfang Juli. Allerdings unternimmt er selten weite Flüge und gilt als standorttreue Tagfalterart.

Die Falter nutzen eine Vielzahl Pflanzen zur Nahrungsaufnahme. Beliebte Nektarpflanzen sind Wiesenknöterich (Bistorta officinalis), Wiesen-Schaumkraut (Cardamine pratensis), Sumpf-Kratzdistel (Cirsium palustre), Hahnenfußarten (Ranunculus spec.), Wald-Habichtskraut (Hieracium murorum), Hornklee (Lotus corniculatus) und andere mehr.

Die Eier werden in Gelegen von 80 bis 300 Stück an die Blattunterseite der Raupenfutterpflanze geheftet. In Borstgrasrasen-Biotopkomplexen sind dies bevorzugt kleine Pflanzen des Teufelsabbiss (Succisa pratensis), in Halbtrockenrasen die Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria) und die Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis).

Die jungen Raupen schlüpfen nach etwa 32 Tagen und leben zunächst gemeinschaftlich in einem Gespinst. Tagsüber fressen sie an den Blättern oder sonnen sich auf dürren Halmen. Nach der dritten Häutung beziehen sie gemeinsam ein Gespinst in Bodennähe, in dem sie überwintern. Im darauf folgenden Jahr leben sie solitär und verpuppen sich Anfang Mai. Die Puppe hängt an bodennahen Pflanzenteilen, nicht selten auch an den Blättern der Futterpflanze. Nach ungefähr 18 Tagen schlüpft der Falter.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

In Europa ist Euphydryas aurinia weit verbreitet. Neben Rheinland-Pfalz existieren in Deutschland größere Vorkommen in Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen, allerdings unterbrochen von großen Verbreitungslücken.

In Rheinland-Pfalz besiedelt der Skabiosen-Scheckenfalter mehrere Naturräume. Verglichen mit älteren Nachweisen sind heute aber nur noch wenige Fundorte bekannt. Größere Vorkommen gibt es im Westerwald und im Pfälzisch-Saarländischen Muschelkalkgebiet im Raum Zweibrücken. Aus Eifel und Hunsrück sind nur noch einzelne aktuelle Funde gemeldet. Historische Nachweise aus Pfälzerwald, der Oberrhein-Tiefebene und dem Donnersberggebiet lassen sich in den letzten Jahren nicht mehr bestätigen.

Gefährdungen:

Seine Ortstreue und Bindung an spezielle Pflanzen wie den Teufelsabbiss zur Eiablage sind der Grund, warum der Skabiosen-Scheckenfalter vielerorts durch den Verlust seiner Lebensräume bedroht ist. Wegen der geringen Anzahl und dem isolierten Vorkommen von reproduktionsfähigen Populationen in Rheinland-Pfalz sind Neubesiedlungen inzwischen recht unwahrscheinlich geworden. Am ehesten funktioniert dies im Hohen Westerwald.

Lebensraumverlust durch Intensivierung wie zum Beispiel Meliorationen, Grünlandumbruch, häufige Mahd oder Mahd zur falschen Zeit, Überweidung, Düngung und Entwässerung oder die Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung und Aufforstungen sind bei dieser Art nach wie vor die Hauptgefährdungsursachen. Diese führen zu einer sehr starken Reduzierung der artgemäßen Lebensräume und zu zunehmender Isolation von (Teil-) populationen. Werden Gespinste zum Beispiel durch Mahd zerstört, führt dies außerdem zu erhöhter Parasitierung der Larven, welche die jahrweise natürlichen starken Schwankungen der Individuendichte zu einem Problem werden lassen.

Schutzmaßnahmen:

Schutzmaßnahmen für das langfristige Überleben des Skabiosen-Scheckenfalters müssen nicht nur die besiedelten und potenziellen Lebensräume einbeziehen, sondern auch die dazwischen liegenden Wanderwege, um einen Individuenaustausch zwischen den einzelnen Populationen zu ermöglichen. Die räumliche Vernetzung, Größe und Qualität von Lebensräumen spielt wegen der Metapopulationsstruktur von Falterarten eine wesentliche Rolle.

Eine besondere Bedeutung für das Überleben von Euphydryas aurinia haben der Erhalt und die Entwicklung eines Netzes großflächiger, reich strukturierter Magergrünland-Biotopkomplexe in den Mittelgebirgslagen von Hunsrück und Westerwald, vor allem mit Borstgrasrasen, sowie von Halbtrockenrasen in der Eifel, im Pfälzisch-Saarländischen Muschelkalkgebiet und im Bereich des Pfälzerwaldes.

In den Lebensräumen müssen die strukturelle Vielfalt und die spezifischen Wirtspflanzen gefördert werden, die den Ansprüchen sowohl der Falter als auch der Larvenstadien gerecht werden. Ausbreitungsbarrieren, zum Beispiel Fichtenriegel, sind zu beseitigen. Langfristige Biotoppflegepläne können zum Erhalt der Art beitragen.

Um die Raupengespinste durch Mahd nicht alle zu zerstören und den Reproduktionszyklus nicht zu unterbrechen, sollte diese nicht einmalig als Kahlschlag erfolgen. Durch eine Teilflächenmahd, bei der nicht zu tief angesetzt wird, können allzu große Verluste vermieden werden.

Literatur:

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Stand: 27.10.2014