Steckbrief zum FFH-Gebiet
6915-301 - Rheinniederung Neuburg-Wörth Karte
Größe[ha]:
1.450
Landkreise und kreisfreie Städte:
Germersheim
Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden:
Hagenbach, Jockgrim, Wörth am Rhein
Gebietsbeschreibung:
In der südlich an die Hördter Rheinaue anschließenden und mit dieser eine funktionale Einheit bildenden Rheinniederung Neuburg-Wörth sind aquatische, amphibische und terrestrische Lebensräume eng verzahnt. Die Vielfalt der Habitate ist maßgeblich für den großen Artenreichtum im Gebiet.
Kennzeichnende Vegetation der Altrheine und ihrer Verlandungszonen wie auch der Schlute beziehungsweise Flutmulden sind die großflächigen Schilfröhrichte und Großseggenriede. An den Altrheinen ist diesen eine Schwimm- und Tauchblattvegetation wie beispielsweise die Teichrosen-Gesellschaft (Myriophyllo-Nupharetum), die Wassernuss-Gesellschaft (Trapetum natantis) und die Froschbiss-Gesellschaft (Hydrocharietum morsus-ranae) vorgelagert. Das eindrucksvolle Blütenmeer der Schwimmblattvegetation im Sommer wird durch die weißen Blütenteppiche der Weißen Seerose (Nymphaea alba) oder die gelben Blütenteppiche der Gelben Teichrose (Nuphar lutea) und Seekanne (Nymphoides peltata) bestimmt. Eine Besonderheit sind die in drei bis sechs Blütenquirlen aufgebauten rosafarbenen Blüten der Wasserfeder (Hottonia palustris), auch Wasserprimel genannt, die sich über flachen, sumpfigen Bereichen der Altgewässer entwickeln. Die der Wasseroberfläche aufliegenden quadratischen, nur an zwei Seiten gezähnten Blätter der Wassernuss (Trapa natans) sind unverwechselbar. Sie wurde schon im Neolithikum als Nahrungspflanze genutzt. Der Geschmack ihrer Nüsse erinnert an den der Kastanie.
Der Wörther Altrhein ist das einzige Auengewässer am rheinland-pfälzischen Oberrhein, in dem Wassernuss (Trapa natans), Großes Nixenkraut (Najas marina) und Seekanne (Nymphoides peltata) gemeinsam vorkommen. Im stark verlandeten Altrhein leben seltene Tierarten, zum Beispiel die Köcherfliege Leptocerus tineiformis, die Wasserschnecke Anisus vorticulus, die Wasserwanze Hydrometra gracilenta und auch der Steinbeißer, der im Gebiet sowie in den Niederungsbächen der Rheinaue seinen Verbreitungsschwerpunkt in Rheinland-Pfalz hat.
Im Rhein sind die Wanderfischarten Maifisch, Fluss- und Meerneunauge und Lachs nachgewiesen.
Von nationaler Bedeutung sind unter anderem die Altrheinarme des Wörther Altrheins und des "Kleinen und Großen Altwassers" bei Neuburg mit den ausgedehnten, reichstrukturierten Röhrichtflächen als Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet für Vögel, vor allem für Röhrichtbewohner. Haubentaucher, Krickente, Zwergdommel, Eisvogel, Rohrschwirl, Purpurreiher, Schilf- und Drosselrohrsänger zählen zu den charakteristischen Arten.
In den Seggenwiesen am Neuburger Altrhein ist das Vorkommen der seltenen Orchideenart Fleischrotes Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata) bemerkenswert. In Abhängigkeit vom Wasserstand brüten hier Wasserralle, Rohrweihe oder Schilfrohrsänger. Auch auffallend prächtige Käfer wie der Große Weiden-Prachtkäfer (Scintillatrix dives) und Guerins Schmal-Prachtkäfer (Agrilus guerini) sind hier zu beobachten.
Die unterschiedlichen Gewässer sind Lebensraum und Laichplatz seltener Amphibienarten und einer vielfältigen Libellenfauna. Laubfrosch und Moorfrosch bilden teilweise große Populationen im Gebiet. Vertreter der Libellen sind Großes und Kleines Granatauge (Erythromma najas und Erythromma viridulum), Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca), Kleine Mosaikjungfer (Brachytron pratense), Keilfleck-Mosaikjungfer (Aeshna isoceles), Gefleckte Smaragdlibelle (Somatochlora flavomaculata), Spitzenfleck (Libellula fulva) und als eine der seltensten Libellenarten der Westpaläarktis die Zierliche Moosjungfer (Leucorrhinia caudalis). Kleingewässer wie "Im Holzschlag" beherbergen außerdem seltene Wasserkäferarten, beispielsweise den Gaukler (Cybister lateralimarginalis). Aus dem Naturschutzgebiet Stixwörth ist der sehr seltene Schmalbindige Breitflügel-Tauchkäfer (Graphoderus bilineatus) bekannt.
Zu den wichtigen Libellenbrutgewässern zählt auch die Lauter mit ihren Wasserpflanzenbeständen. Die Wiesenkomplexe des Lautertals beherbergen außerdem eine artenreiche Schmetterlingsfauna. Der Große Feuerfalter (Lycaena dispar) kommt heute an einigen Stellen vor, so in den Magerwiesen der Lauterniederung und bei der Ortschaft Berg. Weitere Vertreter dieser Wiesen sind der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous) und der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea teleius).
Trespen-Halbtrockenrasen sind im Komplex mit Magerwiesen an den Rheindämmen und kleinflächig südlich von Neuburg ausgebildet. Als Lebensraum und Ausbreitungslinie für Insektenarten, vor allem einer bunten Tagfalterfauna und von Hautflüglern (Bienen und Wespen) haben sie eine hohe Bedeutung.
Hartholz-Flussauenwälder sind kleinflächig ausgebildet. Daneben bestehen Reste von Weichholzaue, meist als Silberweidensäume. Eines der wenigen geschlossenen Waldgebiete in der Rheinniederung befindet sich im Naturschutzgebiet Stixwörth. Eichen- und Buchenalthölzer der Laubwälder sind Lebensraum spezialisierter Tierarten. Unter anderem der Oberwald nördlich des Ortes Wörth weist wegen seines Bestandes an Buchenalthölzern ein breites Spektrum an Altholzbewohnern auf, darunter mehrere Spechtarten, Rotmilan und Hohltaube.
Lebensraumtypen (Anhang I):
* = Prioritärer Lebensraumtyp
Arten (Anhang II):
Amphibien
Kamm-Molch (Triturus cristatus) |
Fische und Rundmäuler
Flussneunauge (Lampetra fluviatilis) | |
Lachs (Salmo salar) | |
Maifisch (Alosa alosa) | |
Meerneunauge (Petromyzon marinus) | |
Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) | |
Steinbeißer (Cobitis taenia) |
Käfer
Hirschkäfer (Lucanus cervus) | |
Schmalbindiger Breitflügel-Tauchkäfer (Graphoderus bilineatus) |
Schmetterlinge
Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea teleius) | |
Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) | |
Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Maculinea nausithous) |
Weichtiere
Zierliche Tellerschnecke (Anisus vorticulus) |
Pflanzen
Grünes Besenmoos (Dicranum viride) |
* = Prioritäre Art
Links:
Datenblatt - Legende zum DatenblattFFH-Gebiet 6816-301 - Hördter Rheinaue
www.naturatrails-rlp-saar.de/Natura%202000/N2000_4_02.html
Literatur:
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