Steckbrief zum FFH-Gebiet
6012-301 - Binger Wald Karte
Größe[ha]:
3.268
Landkreise und kreisfreie Städte:
Bad Kreuznach, Mainz-Bingen
Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden:
Bingen am Rhein, Rhein-Nahe, Stromberg
Gebietsbeschreibung:
Westlich des Rheins erheben sich bei Bingen die östlichen Hunsrückausläufer bis über 600 Meter über Meereshöhe und überragen den Rhein damit um mehr als 500 Meter. Das große, bis auf einige Wiesen geschlossene Buchenwaldgebiet des Binger Waldes besteht aus vielfältigen Waldtypen und Offenlandbiotopen, die mosaikartig ineinander greifen, auch mit den Biotopen der kleinen Mittelgebirgsbäche, die auf kurzem Weg in tief eingeschnittenen Kerbtälern und mit starkem Gefälle dem Rhein zustreben.
In den höheren Lagen dominieren Buchenwälder die großräumigen, strukturreichen Waldbiotope. Ausgedehnte Buchen- und Eichenalthölzer haben Anschluss an die benachbarten älteren Eichen- und Traubeneichenwälder der zum südlichen Mittelrhein abfallenden Hangbereiche. Auf Kuppen und an Hangschultern treten stellenweise mit den Waldbiotopen verzahnte warm-trockene Fels- und Gesteinshaldenbiotope auf. Typisch für die Lebensgemeinschaft der altholzreichen Teile des Binger Waldes sind Schwarz- und Mittelspecht, vereinzelt auch die Folgearten Hohltaube und Raufußkauz. Die Bechsteinfledermaus hat hier ihre Wochenstuben.
Am klimatisch begünstigten Südabfall des Binger Walds stocken mittelwaldartige Alteichenbestände. Landschaftsprägend sind jedoch vor allem die niederwaldartigen Eichen-Hainbuchenwälder der durchweg bewaldeten Steillagen der Rheinseitentäler und der Rheinhänge sowie lokal auch Gesteinshaldenwälder (kühl-frische Sommerlinden-Bergulmen-Schluchtwälder). Die Niederwälder sind Lebensraum des Haselhuhns.
Aus der Einbettung der naturnahen, sauberen Fließgewässer des Gebietes in großflächige Laubwälder resultiert ihre zentrale Bedeutung für die hier ansässige Population des Feuersalamanders und als Jagdreviere für Fledermäuse. Charakteristisch für das weitgehend vollständige Artenspektrum der Bachbiotope sind die Vorkommen von Bachneunauge und Groppe sowie von Gebirgsstelze und Wasseramsel, die besonders im Naturschutzgebiet Morgenbachtal eine hohe Individuendichte aufweist. Stellenweise ist an den Bachoberläufen und Quellbereichen die stark gefährdete Gestreifte Quelljungfer (Cordulegaster bidentata) zu finden.
Die feuchten Standorte der Bachquellmulden, hauptsächlich Sickerquellen, sind zumeist durch vielfältige Grünlandbiotopmosaike aus Feucht- und Nasswiesen, Borstgrasrasen und Magerwiesen geprägt, die über Bruch- und Sumpfwälder in die umliegenden Waldbestände übergehen. Die reichstrukturierten Laubwälder in den Quellregionen sind Lebensraum der Waldschnepfe.
Eine Besonderheit des Binger Waldes, die zur Strukturvielfalt der Landschaft beiträgt, sind die Waldwiesen. Bei diesen Lichtungen handelt sich um Reste ehemals ausgedehnter magerer Offenlandbereiche, die seit dem Mittelalter vielerorts im Hunsrück durch extensive Beweidung entstanden waren. Besonders erwähnenswert sind die Hutewaldreste beim Gerhardshof. Dort sind magere Grünlandbiotope mosaikartig in Laubwälder eingebunden und mit Einzelbäumen bestanden. Charakteristische Tagfalterarten der mageren Waldwiesen im Binger Wald sind Braunfleckiger Perlmutterfalter (Boloria selene), Violetter Feuerfalter (Lycaena alciphron), Westlicher Quendel-Bläuling (Pseudophilotes baton), Wegerich-Scheckenfalter (Melitaea cinxia) und Brauner Feuerfalter (Lycaena tityrus). Größere Grünlandkomplexe dieser Art sind Lebensraum von Raubwürger und Wiesenpieper. Aus floristischer Sicht interessant ist das Vorkommen des landesweit vom Aussterben bedrohten Brand-Knabenkrauts (Orchis ustulata) auf den Waldwiesen mit Borstgrasrasenbeständen.
Äußerst vielfältige Offen- und Halboffenlandbiotopkomplexe bestehen neben den Vorkommen auf den Waldlichtungen am Südrand des Binger Waldes im Mosaik mit den Lebensräumen auf dem Gelände der ehemaligen Mangan- und Dolomitbergwerke am nördlichen Ortsrand von Waldalgesheim. Stillgewässer, strukturreiche Schilfröhrichte und Großseggenriede, Feuchtgrünland, vegetationsarme Pionierfluren und Strauchbestände sind Lebensraum zahlreicher spezialisierter Tier- und Pflanzenarten. Im Naturschutzgebiet "Bergsenkungsgebiet an der Amalienhöhe - Wiesen nördlich Weiler" kommen Gelbbauchunke und Kamm-Molch vor. Daneben finden auch Arten, die mageres Grünland als Teillebensraum nutzen wie Steinkauz, Wendehals, Schwarzkehlchen und Neuntöter oder wärmeliebende Tagfalter- und Heuschreckenarten auf den umliegenden wärmebegünstigten Streuobst- und Magerwiesen geeignete Habitate. Die Tagfalterarten Zwerg-Bläuling (Cupido minimus) und Magerrasen-Perlmutterfalter (Boloria dia) sowie ältere Nachweise des Segelfalters (Iphiclides podalirius) weisen hier auf Anklänge an Halbtrockenrasen hin.
Lebensraumtypen (Anhang I):
* = Prioritärer Lebensraumtyp
Arten (Anhang II):
Säugetiere
Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) | |
Großes Mausohr (Myotis myotis) |
Amphibien
Gelbbauchunke (Bombina variegata) | |
Kamm-Molch (Triturus cristatus) |
Käfer
Hirschkäfer (Lucanus cervus) |
Schmetterlinge
* | Spanische Flagge (Euplagia quadripunctaria) |
* = Prioritäre Art
Literatur:
LfUG; FÖA (1999): Planung vernetzter Biotopsysteme. Bereich Landkreis Mainz-Bingen/Stadt Mainz.
Ministerium für Umwelt und Forsten, Mainz und Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht,
Oppenheim (Hrsg.). 322 pp. Anhänge, Karten.