Steckbrief zum FFH-Gebiet
6003-301 - Ourtal Karte
Größe[ha]:
7.236
Landkreise und kreisfreie Städte:
Eifelkreis Bitburg-Prüm
Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden:
Arzfeld, Irrel, Neuerburg, Prüm
Gebietsbeschreibung:
Die Our bildet die natürliche Grenze zwischen Rheinland-Pfalz und den Nachbarländern Belgien und Luxemburg. Aus Belgien kommend mündet sie bei der Ortschaft Wallendorf in die Sauer. Das FFH-Gebiet umfasst das Ourtal mit seinen Seitentälern einschließlich des Gewässersystems des Irsen sowie das Bollendorfer Sauertal.
Die Our fließt in Nord-Süd-Richtung in einem teilweise tief eingeschnittenen Tal von großer Vielfalt. Die Hochplateaus liegen bis zu 200 Meter höher als die Talsohle. Talabschnitte mit breiter Sohle und Engtalabschnitte wechseln sich ab. Engtalbereiche mit maximal 20 Metern Breite sind gekennzeichnet durch Stromschnellen, Klippen, Strudellöcher und Hohlkehlen im Fels der Talwand. In den weiten, bis über 200 Meter breiten Talabschnitten prägen Mäander mit steilen Prall- und flachen Gleithängen, Inselbildung, Ablagerung von Sand- und Geröllbänken, Auskolkung und Altwasserbildung das Erscheinungsbild. Die Our als Mittelgebirgsfluss besitzt ein weitgehend natürliches bis naturnahes Flussbett, denn eine Regulierung, vor allem durch Stauwehre, die den Fischwechsel behindern, und eine künstliche Befestigung der Ufer wurde in der Vergangenheit nur an wenigen Flussabschnitten vorgenommen.
Die außerordentliche landschaftliche Vielfalt zieht eine einzigartige Pflanzen- und Tierwelt nach sich mit einem hohen Anteil seltener, gefährdeter und vom Aussterben bedrohter Arten. Als große Vernetzungsachse erfüllt das Fließgewässersystem von Our und Irsen eine zentrale Funktion.
Die Gewässergüte von Our und Irsen wird überwiegend mit gering bis mäßig belastet angegeben. Die Lebensgemeinschaften der strukturreichen Gewässerlebensräume mit unterschiedlicher Wasserströmung, Tiefe, Substratkörnung und Uferausprägung sind artenreich und weisen das weitgehend vollständige, typische Spektrum an Süßwasserfischen auf. In Deutschland seltene Fischarten wie Groppe, Elritze, Bachschmerle, Schneider, Gründling und Bachforelle sind in der Our häufig anzutreffen. Die Bachforelle dient den Larven der Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) als Wirt, die in Rheinland-Pfalz sonst nur noch mit einer kleinen Population an der Nister vorkommt. Die Gemeine Flussmuschel (Unio crassus) ist besonders in der oberen Our noch zahlreich vertreten.
Eine Besonderheit ist auch das einzige deutsche Vorkommen der Gekielten Smaragdlibelle (Oxygastra curtisii), die auf langsam fließende, rückgestaute Flussbereiche und ausgedehnte Erlensäume im Uferrandbereich sowie die besondere klimatische Lage der Our angewiesen ist. Flachüberspülte Bereiche und Schotterinseln sind Voraussetzung zur Ausbildung großer Populationen der in Rheinland-Pfalz vom Aussterben bedrohten Kleinen Zangenlibelle (Onychogomphus forcipatus). Auch der Eisvogel brütet im Gebiet und vereinzelt tritt der Fischotter auf. Zur Erhaltung und Stabilisierung dieser hoch spezialisierten Gewässerbiozönosen ist die Sicherung einer hohen Gewässerqualität erforderlich.
Die schmale Flussaue wird vorwiegend als Grünland bewirtschaftet. Durch jahrhundertelange extensive Landnutzung entstand ein vielfältiges Mosaik aus unterschiedlich bewirtschafteten Wiesen und Weiden. Diese gehen an den Hängen in Wälder über, in die besonders im Bereich des Ferschweiler Plateaus artenreiche Halbtrockenrasen eingelagert sind. Die Wiesentäler sind Lebensraum des Großen Feuerfalters (Lycaena dispar), von Wiesenpieper und Braunkehlchen und im Bereich der Halbtrockenrasen der Ourtalhänge des Quendel-Ameisenbläulings (Maculinea arion). Die Halbtrockenrasen beherbergen teilweise große Vorkommen des stark gefährdeten Ehrenpreis-Scheckenfalters (Melitaea aurelia).
Die Hänge des Ourtals sind überwiegend bewaldet. Fels- und Gesteinshaldenvegetation und Trockenrasen sind kleinflächig und lokal ausgebildet. Im mittleren Ourtal und an den Talflanken des Irsen stocken Buchenwälder im Komplex mit teilweise großflächigen Trockenwäldern, die zum Teil als Niederwald genutzt werden. Die ehemaligen Niederwälder im Bereich des Islek, einem Naturraum an der nördlichen Our, sind von besonderer Bedeutung für das Haselhuhn. Eichenalthölzer und altholzreiche Buchenwälder wie im Bereich des Ferschweiler Plateaus oder der Einmündung des Irsen dienen Schwarz-, Grün-, Grauspecht und Hohltaube als Lebensraum. Da das Gebiet abseits der Verkehrsströme liegt und weitgehend unerschlossen ist, ist es außer für das Haselhuhn auch bedeutender Lebensraum für Wildkatze und Schwarzstorch.
Verschiedene Fledermausarten nutzen die Spalten der mächtigen Felsformationen und Höhlen beziehungsweise Altsteinbrüche am Rande des Ferschweiler Plateaus als Quartiere, beispielsweise die vom Aussterben bedrohte Große Hufeisennase. Als Wuchsort seltener Farnarten, unter anderem des Prächtigen Dünnfarns (Trichomanes speciosum) und einziger Wuchsort des Hautfarns (Hymenophyllum tunbrigense) in Deutschland, sind die Buntsandsteinfelsen im Ourtal auch floristisch besonders bedeutsam.
Eine Besonderheit ist das Naturschutzgebiet "Ginsterheiden im Irsental bei Daleiden", auch als "Tal der Schmetterlinge" bekannt. Dort sind bedeutende Bestände von Borstgrasrasen und Zwergstrauchheiden vielfältig mit Magerbiotopen und lichten Wäldern verzahnt. Zu den zahlreichen Tierarten der Ginsterheiden zählen die Heidelerche und viele Schmetterlingsarten, darunter Großer Perlmutterfalter (Argynnis aglaja), Kleiner Malvendickkopffalter (Carcharodus alceae) oder Wachtelweizen-Scheckenfalter (Melitaea athalia).
Das Ourtal ist auch in Belgien und Luxemburg als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen. Von den grenzüberschreitenden Naturparken werden an der Our verschiedene Naturschutzprojekte durchgeführt. LIFE-Projekte dienen dem Schutz der Lebensräume von Flussperlmuschel und Fischotter. Informationen zu Aktivitäten unserer Nachbarländer und zu Kooperationsprojekten sind nachfolgenden Links zu entnehmen.
Lebensraumtypen (Anhang I):
* = Prioritärer Lebensraumtyp
Arten (Anhang II):
Säugetiere
Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) | |
Fischotter (Lutra lutra) | |
Großes Mausohr (Myotis myotis) | |
Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) | |
Große Hufeisennase (Rhinolophus ferrumequinum) |
Amphibien
Gelbbauchunke (Bombina variegata) |
Fische und Rundmäuler
Bachneunauge (Lampetra planeri) | |
Groppe (Cottus gobio) |
Käfer
Heldbock (Cerambyx cerdo) |
Libellen
Gekielte Smaragdlibelle (Oxygastra curtisii) |
Schmetterlinge
Großer Feuerfalter (Lycaena dispar) |
Weichtiere
Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) | |
Bachmuschel (Unio crassus) |
Pflanzen
Prächtiger Dünnfarn (Trichomanes speciosum) |
* = Prioritäre Art
Links:
Datenblatt - Legende zum DatenblattFFH-Gebiet 6205-301 - Sauertal und Seitentäler
www.naturpark-eifel.de/de/landschaften/ourtal/
www.naturpark-our.lu/index.php?id=28;lang=de;projcat=2
www.wikipedia.org/wiki/Our
www.irrel.de/archiv/nps/download/flyer/pdf/flyer-natour-route1.pdf
Literatur:
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Hand, R. (1989): Funde bemerkenswerter und gefährdeter Blütenpflanzen im Reg.bez. Trier, Teil 6. Dendrocopos 16: 162-194.
Jungbluth, J.H.; Burk, R.; Nesemann, H.; Scheurig, A. (1985): Flussperlmuschel-Erfassung in den Mittelgebirgen 1985. Artenschutzprojekt "Flussperlmuschel". Im Auftrag des Landesamt für Umweltschutz, Oppenheim.
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Neu, P. J. (2000): Beobachtung eines Bibers (Castor fiber Linné) an der Prüm bei Irrel (Kreis Bitburg-Prüm, Rheinland-Pfalz). Dendrocopos 27(2): 233-235.
Ott, J.; Schorr, M.; Trockur, B.; Lingenfelder, U. (2007): Artenschutzprogramm für die Gekielte Smaragdlibelle (Oxygastra curtisii, Insecta: Odonata) in Deutschland - das Beispiel der Population an der Our. Invertebrate Ecology and Conservation Monographs, Vol. 3. 131 pp.
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Torgau D. (2007): "Nat Our". Gewässerprojekt im Ourtal unter besonderer Berücksichtigung des Naturtourismus. Eifel-Jahrbuch 2008: 167-176.
Voss, R.; Werven, D. van (1999): Bonslibel Oxygastra curtisii bij de Our op de Luxemburg-Duitse grens. NVL Nieuwsbrief. Mededelingenorgaan van de Niederlandse Vereniging voor Libellenstudie 3(3): 7-8.