Steckbrief zum FFH-Gebiet
5912-304 - Gebiet bei Bacharach-Steeg Karte
Größe[ha]:
1.267
Landkreise und kreisfreie Städte:
Mainz-Bingen, Rhein-Hunsrück-Kreis
Verbandsgemeinden und verbandsfreie Gemeinden:
Rhein-Nahe, St. Goar-Oberwesel
Gebietsbeschreibung:
Höhenunterschiede von 70 Metern über NN bei Bacharach im Oberen Mittelrheintal bis zu fast 500 Metern über Meereshöhe im Anstieg zum Hunsrück sowie ein stark bewegtes Relief prägen das Landschafsbild der Talhänge bei Bacharach. Kleinere naturnahe und saubere Fließgewässer wie der Borbach streben mit starkem Gefälle in steilen, felsenreichen Kerbtälern dem Rhein zu.
Reliefbedingt herrscht eine außerordentliche Standortvielfalt. An den südexponierten Hängen bilden
Rebflächen und Weinbergsbrachen mit Trockenmauern ein kleinteiliges Mosaik mit trockenwarmen Felsfluren, Halbtrocken- und Trockenrasen und Übergängen zu Trocken- und Gesteinshaldenwäldern. Kennzeichnend für diese Trockenbiotopkomplexe ist vor allem das Vorkommen der Schlingnatter an den Südhängen um Bacharach und Steeg, häufig vergesellschaftet mit der Mauereidechse. Auch Zippammer, Rotflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda germanica) und Segelfalter (Iphiclides podalirius) sind typische Arten solcher Biotopkomplexe. Durch das trocken-warme Kleinklima der Rheinseitentäler und den unmittelbaren Kontakt der Trockenbiotop-Standorte zu denen des südlichen Mittelrheins kommt diesen Flächen eine besondere Bedeutung für die Sicherung der trockenbiotoptypischen Fauna und Flora der historischen Kulturlandschaft des Mittelrheingebiets zu.
Die Trockenbiotope sind eng verbunden mit reichstrukturierten, vorwiegend extensiv bewirtschafteten
Magerwiesen, Zwergstrauchheiden und Borstgrasrasen. Auf der Hochfläche westlich von Bacharach und Steeg sind solche Steppenheiden teilweise großflächig ausgebildet, aber durch Brachfallen und Verbuschung infolge Nutzungsaufgabe gefährdet.
Brauner und Kleiner Feuerfalter (Lycaena tityrus und Lycaena phlaeas), Leguminosen-Weißling (Leptidea sinapis) und das Sechsfleck-Widderchen (Zygaena filipendulae) kommen als charakteristische Tagfalterarten der Magerwiesen vereinzelt vor. Die Heidelerche besaß ehemals einen regionalen Siedlungsschwerpunkt in den Mager- und Xerothermbiotopkomplexen an den Terrassenhängen nordwestlich von Bacharach, ist inzwischen aber weitgehend verschwunden. Zu den charakteristischen Tierarten der Borstgrasrasen und Zwergstrauchheiden zählen stark gefährdete Arten wie Kleiner und Schwarzfleckiger Heidegrashüpfer (Stenobothrus stigmaticus und Stenobothrus nigromaculatus) und Rotleibiger Grashüpfer (Omocestus haemorrhoidalis).
Die Laubwaldgesellschaften der bewaldeten Hänge sind vielfältig. Altholzbestände fehlen im Gebiet weitgehend. Landschaftsprägend dagegen sind die ehemals als Niederwald genutzten Traubeneichen-Hainbuchenwälder. Trocken- und Gesteinshaldenwälder treten vielfach im Mosaik mit Felsbiotopen und natürlichen Trockengebüschen sowie Wäldern mittlerer Standorte auf. Eine besondere Bedeutung haben die lichten Trocken- und Gesteinshaldenwälder als Lebensraum für das Haselhuhn. Ein großer Mischwaldbestand im westlichen Teil ist wesentlicher Lebensraum waldbewohnender Fledermäuse.
Aufgelassene Schieferbergwerksstollen dienen mehreren Fledermausarten im Gebiet als wichtige Quartiere. Die trockenen Offenlandbiotope sind in Verbindung mit den Bachauen und lichten Wäldern als Jagdreviere von zentraler Bedeutung. Im Dachstuhl der St. Anna-Kirche siedelt eine der größten Mausohrkolonien Deutschlands.
An Burgruinen wie der Ruine Stahlberg können früher in den Burggärten kultivierte Gemüse-, Heil- und Zierpflanzen und Arten der ehemaligen Ruderalflora der Dörfer entdeckt werden wie Guter Heinrich (Chenopodium bonus-henricus), Schwarzes Bilsenkraut (Hyoscyamus niger), Herzgespann (Leonurus cardiaca) und Gewöhnliche Katzenminze (Nepeta cataria).
Lebensraumtypen (Anhang I):
* = Prioritärer Lebensraumtyp
Arten (Anhang II):
Säugetiere
Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) | |
Großes Mausohr (Myotis myotis) |
Fische und Rundmäuler
Groppe (Cottus gobio) |
Schmetterlinge
* | Spanische Flagge (Euplagia quadripunctaria) |
Krebse
* | Steinkrebs (Austropotamobius torrentium) |
* = Prioritäre Art
Links:
Datenblatt - Legende zum DatenblattFFH-Gebiet 5711-301 - Rheinhänge zwischen Lahnstein und Kaub
Literatur:
Hilgers, J. (1995): Zur aktuellen Bestandssituation einiger bemerkenswerter Ruderal- und alter Kulturpflanzen an den Burgen und Burgruinen im Regierungsbezirk Koblenz. Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz 8(1): 79-132.
Kinkler, H. (1991): Der Segelfalter (Iphiclides podalirius L.) in Rheinland-Pfalz - ein Artenschutzprojekt. Beiträge Landespflege Rheinland-Pfalz 14: 8-92.
Künnert, R. (1965): Erster Nachtrag zu "Beiträge zur Lepidopterenfauna des Mittelrheins und der angrenzenden Gebiete". Entomologische Zeitschrift 75: 105-113.
Lederer, G.; Künnert, R. (1961): Beiträge zur Lepidopterenfauna des Mittelrheins und der angrenzenden Gebiete. Entomologische Zeitschrift 71: 173-204, 213-219, 237-243, 253-260, 262-268, 271-280;
Entomologische Zeitschrift 72: 5-16, 24-32, 39-41.
LfUG; FÖA (1999): Planung vernetzter Biotopsysteme. Bereich Landkreis Mainz-Bingen/Stadt Mainz. Ministerium für Umwelt und Forsten, Mainz und Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht, Oppenheim (Hrsg.). 322 pp., Anhänge, Karten.
Niehuis, M. (2001): Die Bockkäfer in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz, Beih. 26. 604 pp.
Simon, L. (1988): Faunistik und Gefährdung ausgewählter Geradflügler (Orthoptera) im südlichen Rheinland-Pfalz. Mainzer Naturwiss. Archiv 26: 23-73.