Steckbrief zur Art A246 der Vogelschutz-Richtlinie
Heidelerche (Lullula arborea)
Status und Häufigkeit:
Anhang I | Gefährdeter Durchzügler | Rote Liste D (2015) | Rote Liste RLP (2014) | Erhaltungszustand |
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x | - | V | 1 | |
Status RLP | Bestand D | Bestand RLP | Bestandsentwicklung RLP | |
Regelmäßiger Brutvogel; verlässt das Brutgebiet im Winterhalbjahr; Durchzügler | 32.000 – 55.000 Brutpaare | 200 - 300 Brutpaare | abnehmend |
Kennzeichen:
Länge 15 cm. Eine rundliche, stark gestreifte Lerche mit breiten Flügeln und kurzem Schwanz. Am Boden deutliche weiße Überaugenstreifen sichtbar, die sich im oberen Nackenbereich fast vereinigen; ferner mit ungestrichelten, rostbraunen Ohrdecken und einem Brustband aus langen dunklen Streifen, die bis zu den Flanken ziehen. Der große, schwärzliche Fleck, vorne und hinten weißlich begrenzt, deutlich am Rand des geschlossenen Flügels zu sehen, ist kennzeichnend. Erscheint im Flug deutlich breitflügelig und kurzschwänzig; Flugweise recht langsam und wellenförmig: eine Reihe schnell flatternder Flügelschläge, gefolgt von einer kurzen Gleitphase mit angelegten Flügeln. Zur Nahrungssuche am Boden, zur Brutzeit jedoch häufig auf Bäumen oder Büschen. Jungvögel gesprenkelt und oberseits mit Schuppenmuster; bis zum 1. Herbst weitgehend wie Altvögel. Der oft vorgebrachte Ruf ist gewöhnlich ein klares, flüssiges und hallendes, volltönendes „didluuiet“ oder weicher „didloi“, sowohl von auffliegenden, ziehenden als auch von sitzenden Vögeln zu hören. Steigt beim Singflug schräg (nicht senkrecht wie Feldlerche) in Spiralen oft sehr hoch auf. Gesang (häufig auch von Singwarten, manchmal vom Erdboden aus) eine große Zahl verschiedener melodischer, klarer, absteigender oder (seltener) in der Tonhöhe gleichbleibender melancholischer, weicher Strophen wie „Iülülülülülülü“ oder „dliädliädliädliä“. Singt auch nachts.
Lebensraum:
Die Art bevorzugt Habitate mit mageren Böden und niedriger, lichter Vegetation zur Nahrungsaufnahme, auch Hutungen, Schaftriften oder Kahlschläge. Wichtige Elemente in diesem Lebensraum sind Sing- und Sitzwarten wie Kiefern oder andere Bäume, Masten, Drähte, Zäune etc., ein nicht zu dichter Gehölzbestand aus z. B. jüngeren Kiefern (20 - 40 Jahre), Wacholder und Obstbäumen, schnell trocknende Böden, eine leichte Erwärmbarkeit des Habitats sowie Insektenreichtum. Von allen Lerchen dringt sie am weitesten in die Waldzone vor. In Rheinland-Pfalz findet sie Lebensraum auf vegetationsfreien oder nur locker bewachsenen Flächen wie z. B. Heiden und Trockenrasen. Sie bevorzugt zur Nahrungssuche intensiv genutzte Weinbergslagen mit kurzgehaltener oder fehlender Vegetation aber auch Bracheflächen in Weinbaulagen. Die Art besiedelt auch Kahlschläge (vor allem Kiefernwälder) und Truppenübungsplätze mit Heide-Charakter.
Biologie und Ökologie:
Die Heidelerche ist Leitart für Heiden. Die Brutreviere werden in der Regel von Mitte März bis Anfang Mai besetzt. Das Revier wird vom Männchen oft schon am zweiten Tag nach der Ankunft durch Singflug abgegrenzt, und die Verpaarung findet ihren Abschluss im März, der Nestbau erfolgt meistens ab Anfang April. Der Nistplatz liegt gut versteckt zwischen Grasbüscheln oder Sträuchern. Legebeginn der 3 - 6 Eier ist Anfang April bis Juni; das Brutgeschäft ist ab Ende Juli abgeschlossen, und insbesondere die jungen Heidelerchen beginnen nun, in losen Trupps und Verbänden auf der Suche nach günstigen Nahrungsquellen umherzustreifen. Der Wegzug im Herbst hat seinen deutlichen Höhepunkt in der ersten und zweiten Oktoberdekade und klingt zum Novemberende ab. Kurzstreckenzieher im Allgemeinen in südwestlicher Richtung in den Mittelmeerraum (Westfrankreich, Iberische Halbinsel). Überwinterungsversuche kommen bis nach Polen vor. Auf dem Zug und im Winter häufig auf Brachflächen, Stoppelbrachen und Ödland.
Verbreitung in Rheinland-Pfalz:
In zwei Unterarten von Westeuropa und Nordwestafrika bis Zentralrussland und im Süden bis Nordirak verbreitet. Die Nominatform kommt in Mitteleuropa lückenhaft vor und ist nirgends sehr häufiger Brutvogel. Der Bestand in Europa umfasst etwa drei Viertel des weltweiten Bestandes (Schwerpunkte in Südosteuropa und vor allem Iberien); in Mitteleuropa befinden sich Schwerpunkte in Deutschland und Polen.
In Rheinland-Pfalz liegen die Schwerpunkte aktuell in den sandigen, wärmegeprägten Landschaften des Südens, besonders am Haardtrand und in den Mainzer Sandgebieten.
Vorkommen in Vogelschutzgebieten:
Gefährdungen:
- Rückgang geeigneter Bruthabitate und Lebensräume, speziell von Ödland- und Brachflächen, Heideland und schütteren (Sand-) Magerrasen (verstärkte Bautätigkeit, Versiegelung der Landschaft, Ausbau der Feldwege, Veränderung und Intensivierung der forst- und landwirtschaftlichen Nutzung mit Aufforstung oder Aufgabe extensiver Weideflächen (inkl. Verbuschung/Sukzession), Überdüngung von Mager- und Halbtrockenrasen);
- Klimaveränderung;
- Störungen durch Freizeitaktivitäten (Camping, Picknick, Parkplätze) und Freizeitsport (Motocross, Mountainbikes, Modellflieger) einschließlich der Erschließung und Bebauung entsprechender Lebensräume;
- Direkte Verfolgung in den Überwinterungsgebieten Südwest-Frankreichs und Iberiens;
- Starke Prädation u.a. durch Hauskatzen in Brutgebieten in Siedlungsnähe.
Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:
- Erhaltung extensiv genutzter Weiden und Äcker, Brachflächen, besonders aber der verbliebenen Heidegebiete und (Halb-)Trockenrasen. Aufrechterhaltung bzw. Wiedereinführung der traditionellen Nutzung, Schaffung zusätzlich zusammenhängender Extensivflächen aus Hecken, Feldrainen und Brachland sowie sandiger Freiflächen;
- Erhaltung trockener Kiefernwälder und Verzahnung von Kiefernwald mit Lichtungen/Offenland auf Sand und Kalk;
- Erhaltung früher Sukzessionsstadien und Sekundärbiotope auf Truppenübungsplätzen etc.;
- Vermeidung von Störungen, z. B. durch Lenkungsmaßnahmen;
- Sicherung der Ungestörtheit der Brutplätze, insbesondere in Sandgruben und Heidegebieten.
Literatur:
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Bauer, H.-G., Berthold, P., Boye, P., Knief, W., Südbeck, P. & K. Witt (2002): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands (3. überarb. Fassung, 8.5.2002). – Berichte zum Vogelschutz 39: 13-60, Nürnberg.
Bay. Landesamt für Umweltschutz: Erhaltungsziele für die Arten der VS-RL: Heidelerche – Lullula arborea.
Beaman, M. & S. Madge (1998): Handbuch der Vogelbestimmung: Europa und Westpalaearktis. – Ulmer Verlag, Stuttgart.
Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Nonpasseriformes. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Bezzel, E. (1995): BLV-Handbuch Vögel. – BLV, München.
Bornhold, G. & V. Lucan (1993): Die Heidelerche – Lullula arborea. – In: Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz - HGON (Hrsg.) (1993): Avifauna von Hessen, 1. Lieferung. – Echzell.
Braun, M., Kunz, A. & L. Simon (im Druck): Rote Liste der Vögel in Rheinland-Pfalz.
Eisengrein, W. v. (1996): Die Heidelerche (Lullula arborea) im nördlichen Markgräflerland. – Naturschutz südl. Oberrhein 1: 33-35.
Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – IHW, Eching.
Folz, H.-G. (1982): Beiträge zur Fauna von Rheinland-Pfalz: Die Heidelerche (Lullula arborea) in Rheinland-Pfalz. – Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 2: 415-438.
Glutz v. Blotzheim, U. N. & K. M. Bauer (1980): Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Bd. 9. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
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Kunz, A. & L. Simon (1987): Die Vögel in Rheinland-Pfalz – Eine Übersicht. – Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4, 3: 353-657, Landau.
Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (2002): Artensteckbriefe zu den Zielarten der Vogelschutzrichtlinie. – Frankfurt/Main.
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