Steckbrief zur Art A236 der Vogelschutz-Richtlinie
Schwarzspecht (Dryocopus martius)
Status und Häufigkeit:
Anhang I | Gefährdeter Durchzügler | Rote Liste D (2015) | Rote Liste RLP (2014) | Erhaltungszustand |
---|---|---|---|---|
x | - | * | * | |
Status RLP | Bestand D | Bestand RLP | Bestandsentwicklung RLP | |
Regelmäßiger Brutvogel; Jahresvogel | 31.000 – 49.000 Brutpaare | ca. 1.700 – 3.700 Brutpaare | gering schwankende Bestände |
Kennzeichen:
Länge 45 <– 57 cm. Bei weitem der größte Specht unserer Region. Seine bedeutende Größe (zwischen Dohle und Rabenkrähe) und das völlig schwarz wirkende Gefieder machen ihn unverkennbar. Flugweise ziemlich langsam, unregelmäßig und häherartig (nur leicht wellenförmig). Vor dem Landen an einem Baumstamm ist die Flugbahn eher typisch wellenförmig. Klettert in kraftvollen Sprüngen an Baumstämmen hoch. Scheu und trotz seiner Größe meist unauffällig. Verrät seine Anwesenheit aber oft durch die sehr einprägsamen, weittragenden Rufe oder die extrem lauten Trommelwirbel. Männchen mit ganz rotem Oberkopf und Scheitel, Weibchen sind nur am Hinterscheitel rot. Jungvögel ähnlich Altvögeln des jeweiligen Geschlechts, aber matter und mehr grau gefärbt, besonders auf der Unterseite. Typischer Ruf beim Sitzen sehr kennzeichnend, laut, langgezogen, klar: „klieööh“. Flugruf ebenfalls kennzeichnend: rau, aber wohltönend und weittragend „prrüh-prrüh-prrüh-prrüh“. Reviergesang laut, schallend „kwii kwi-kwi-kwi-kwi-kwi-kwi“, recht ähnlich dem Lachen des Grünspechts, aber etwas höher und zum Ende hin nicht abfallend, klingt „wilder“, trommelt oft in lauten, schnellen, widerhallenden Wirbeln von je 2 – 3 Sekunden. Lauter als jeder andere Specht (erinnert an ein Maschinengewehr).
Lebensraum:
Der Schwarzspecht ist eine typische Art der großen, geschlossenen Wälder, wobei er aber nicht zu den Leitarten eines bestimmten Waldtyps zählt. Er ist ebenso in den Buchenwäldern wie auch in gemischten Forsten (besonders bei hohem Kiefern- und Fichtenanteil) vertreten.
Der Schwarzspecht benötigt als Brut- und Schlafbäume glattrindige, astfreie Stämme mit freiem Anflug, die im Höhlenbereich mindestens 35 cm Umfang haben müssen. Der mehr ovale Höhleneingang misst ca. 9 x 12 cm. Ihm genügen einzelne mächtige Altbäume zur Höhlenanlage, die Nahrungshabitate liegen auch in jüngeren Beständen. Er ist in Mitteleuropa überwiegend an über 100-jährigen Buchen, selten in Tannen, Kiefern und Silberweiden zu finden. Nahrungsbiotop sind lichte, große Nadel- und Mischwälder mit größeren Alt- und Totholzanteilen, daher werden naturnahe, reich strukturierte Wälder bevorzugt. Optimaler Lebensraum scheinen die südmitteleuropäisch-montanen bis hochmontanen Buchenwälder mit ihrem natürlichen Anteil von Tanne oder Fichte sowie Tannen-Buchenwälder zu sein, fast optimal sind Kiefernwälder. Die Reviergröße beträgt ca. 250 – 390 ha. In Nadelwäldern werden hohe Schwarzspechtdichten erreicht, die durch das große Angebot an Rossameisen erklärbar sind. Hingegen hat er bei geringerem Nahrungsangebot sehr große Aktionsräume (z. B. in Skandinavien).
Biologie und Ökologie:
Die Balz beginnt im Januar und erreicht im März und April ihren Höhepunkt. In dieser Zeit findet auch der Höhlenbau statt, an dem beide Geschlechter beteiligt sind. Legebeginn: Die Eiablage erfolgt zwischen dem 15. April und dem 10. Mai (im Rhein-Main-Tiefland früher). Die Eier werden 12 – 14 Tage bebrütet, danach verbringen die Jungvögel noch etwa 28 Tage in der Bruthöhle. Nach dem Ausfliegen der Jungvögel gegen Ende Mai bis um den 20. Juni führt einer der Altvögel noch mindestens 1 – 2 Wochen. Die Nahrung besteht mehrheitlich aus Ameisen, ferner auch aus holzbewohnenden Arthropoden.
In Mitteleuropa sind die Altvögel überwiegend Standvögel mit Wanderungen vor allem im Winter; in Nord- und Osteuropa Teilzieher. Jungvögel verstreichen und siedeln in der weiteren Umgebung des Geburtsortes.
Verbreitung in Rheinland-Pfalz:
Das Areal der 2 Unterarten des Schwarzspechts reicht in der gemäßigten Zone von Südwest-Europa, Frankreich und Spanien nach Osten bis Sachalin und Nord-Japan. Die Nominatform ist in Europa von den Tieflagen bis in die obere Montan-, in geringer Dichte bis in die Subalpinstufe verbreitet, mit Schwerpunkten in Osteuropa, Deutschland und Polen.
In Rheinland-Pfalz ist der Schwarzspecht flächendeckend verbreitet mit deutlichem Schwerpunkt in den Mittelgebirgen mit hohem Buchen- und Fichtenanteil.
Vorkommen in Vogelschutzgebieten:
Gefährdungen:
Lebensraumverlust durch
- Maßnahmen der Forstwirtschaft wie früher Umtrieb von (Buchen-)Althölzern, auch Entfernung der Höhlenbäume.
- Natürliche Ursachen wie hohe Brutverluste bei langen Regenperioden während der Brutzeit (Eindringen von Wasser in die Bruthöhle), interspezifische Höhlenkonkurrenz mit der Dohle sowie Prädation durch Greifvögel und Eulen.
- Rückgang des Nahrungsangebots.
Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:
- Höhlenbäume längerfristig sichern und erhalten: Schutz der Höhlenbäume und Sicherung eines ausreichenden Netzes an Höhlenbäumen; bei Mangel an Höhlenbäumen auch Erhaltung schlagreifer Buchen und anderer Starkbäume mit Schwarzspechthöhlen.
- Reduzierung der Walderschließung.
- Verzicht auf Umwandlung von Laub- und Mischwäldern in Nadelwälder, Belassen von Totholz und Stubben in Wäldern; Sicherung einer natürlichen Dynamik auf Windwurf-, Kalamitäts- oder Waldbrandflächen.
- Erhaltung und Schutz der Ameisenlebensräume (lichte Waldstrukturen, Lichtungen, Schneisen).
Literatur:
Bauer, H.-G. & P. Berthold (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas – Bestand und Gefährdung. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Bauer, H.-G., Berthold, P., Boye, P., Knief, W., Südbeck, P. & K. Witt (2002): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands (3. überarb. Fassung, 8.5.2002). – Berichte zum Vogelschutz 39: 13-60, Nürnberg.
Beaman, M. & S. Madge (1998): Handbuch der Vogelbestimmung: Europa und Westpalaearktis. – Ulmer Verlag, Stuttgart.
Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Nonpasseriformes. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Bezzel, E. (1995): BLV-Handbuch Vögel. – BLV, München.
Blume, D. (1996): Schwarzspecht, Grauspecht, Grünspecht – Dryocopus martius, Picus canus, Picus viridis –. – 5. überarb. Aufl., Magdeburg; Heidelberg.
Blume, D. & W. Blume (1981): Verhalten eines Schwarzspechtpaares zur Brutzeit bei knappem Höhlenangebot. – Vogel und Umwelt 1: 234-240.
Braun, M., Kunz, A. & L. Simon (im Druck): Rote Liste der Vögel in Rheinland-Pfalz.
Breitschwerdt, G. (1995): Schwarzspecht – Dryocopus martius. – In: Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (Hrsg.) (1993-2000): Avifauna von Hessen, 2. Lieferung.
Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – IHW, Eching.
Glutz v. Blotzheim, U. N. & K. M. Bauer (1980): Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Bd. 9. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Kunz, A. & C. Dietzen (2002): Die Vögel in Rheinland-Pfalz – eine aktuelle Artenliste (Stand 01.12.2002). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 28: 207-221, Landau.
Kunz, A. & L. Simon (1987): Die Vögel in Rheinland-Pfalz – Eine Übersicht. – Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4, 3: 353-657, Landau.
Lang, E. & R. Rost (1990): Höhlenökologie und Schutz des Schwarzspechtes (Dryocopus martius). – Vogelwarte 35: 177-185.
Lang, E. & G. Sikora (1981): Beobachtungen zur Brutbiologie des Schwarzspechts (Dryocopus martius). – Beih. Veröffentl. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 20: 69-74.
Ruge, K. & F. Bretzendorfer (1981): Biotopstrukturen und Siedlungsdichte beim Schwarzspecht (Dryocopus martius). – Beih. Veröffentl. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 20: 37-48.
Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (2002): Artensteckbriefe zu den Zielarten der Vogelschutzrichtlinie. – Frankfurt/Main.
Weiss, J. (1984): Ein Netz von Buchen-Altholzinseln als Beispiel eines Biotop-Verbundsystems – Untersuchungen an Schwarzspecht und Raufußkauz im Burgwald. – Mitt. LÖLF 9: 38-43.