Steckbrief zur Art A153 der Vogelschutz-Richtlinie
Bekassine (Gallinago gallinago)
Status und Häufigkeit:
Anhang I | Gefährdeter Durchzügler | Rote Liste D (2015) | Rote Liste RLP (2014) | Erhaltungszustand |
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- | x | 1 | 1 | |
Status RLP | Bestand D | Bestand RLP | Bestandsentwicklung RLP | |
Brutvogel, Durchzügler, ausnahmsweise Wintergast | 5.500 - 8.500 Brutpaare | 10 - 20 Brutpaare | stark abnehmend |
Kennzeichen:
Länge 25 – 27 cm, Spannweite 44 – 47 cm. Die häufigste und am weitesten verbreitete Sumpfschnepfe; leicht als solche zu erkennen am sehr langen Schnabel, den relativ kurzen Beinen und dem kräftig gestreiften und gefleckten braunen Gefieder; die Artbestimmung erfordert jedoch genaue, detaillierte Prüfung von Verhalten, Gefieder- und Gestaltsmerkmalen. Bei guter Sicht ist die Bekassine an der arttypischen Kombination von sehr langem Schnabel, schmalem Armflügel-Hinterrand und heller, ungezeichneter Unterflügelmitte eindeutig bestimmbar. Hält sich in direkter Nähe zur Ufervegetation auf, stochert mit ruckartigen Bewegungen des langen Schnabels. Duckt sich bei Gefahr nieder; startet bei Annäherung auf 20 – 10 m wie ein Katapult hoch, fliegt im „Zickzack" mit scharfen Rufen und kräftigen Flügelschlägen in die Höhe („himmelt"), um erst nach beträchtlicher Flugstrecke wieder in der Deckung zu landen.
Die Stimme ist ein kurzes, nasales "ätsch" als typischer Flugruf, den aufgescheuchte Vögel äußern. Singfliegende Bekassinen äußern ein rhythmisch wiederholtes „tücka-tücka-tücka" sowohl im Flug als auch auf dem Boden oder einem Pfahl sitzend; außerdem hört man von balzfliegenden, abwärts sausenden Vögeln ein summendes „wwwwww ..." („Meckern"), das durch Vibrationen der steifen äußeren Steuerfedern entsteht.
Lebensraum:
Brutvogel in Feuchtwiesen, Mooren, an sumpfigen Gewässerrändern – gerne in Seggenrieden – und in Salzwiesen. Außerhalb der Brutzeit in ähnlichen Habitaten sowie auf Schlammflächen, überschwemmtem Kulturland und an Gräben. Im Winter an offenen Wasserstellen.
Biologie und Ökologie:
Die Bekassine ist eine typische Leitart für Feuchtwiesen und Feuchtweiden, die mit Blänken, Gräben und schlammigen Flächen durchsetzt sind. Wichtig sind der ausreichend stocherfähige Boden, gute Deckung und nicht zu hohe vertikale Vegetation. In Rheinland-Pfalz tritt die Art fast ausschließlich nur noch in den Mittelgebirgen, besonders in Westerwald und vereinzelt in der Eifel und der Südpfalz auf. Die Bekassine vollführt hoch über dem Brutplatz einen auf- und absteigenden Singflug, sie setzt sich oft auf Pfähle und Pfosten, ist aber sonst jedoch ausgeprägt deckungsliebend. Sie ist oft einzeln, jedoch außerhalb der Brutzeit in günstigen Habitaten auch in größeren Trupps anzutreffen.
Die Ankunft der Bekassine im Brutgebiet erfolgt im Laufe des März. Bekassinen sind Standvögel und Teilzieher. Im Winter finden oft Abwanderungen in günstigere Gebiete statt, in milden Wintern verbleiben sie auch vereinzelt in Rheinland-Pfalz, die meisten ziehen in Richtung Frankreich.
Balzende Individuen werden zumeist ab Anfang April beobachtet. Wahrscheinlich unmittelbar nach der Ankunft beginnen die Männchen mit „Meckerflügen". Der Neststandort befindet sich gut verborgen in Seggenbulten oder Grashügeln und ist oft mit niedergedrückten (Gras-)Halmen und Blättern ausgelegt. In nasser Umgebung liegen die Neststandorte erhöht, beispielsweise auf Seggenbulten, in trockeneren Flächen auch darunter. Legebeginn: Die Angaben streuen von Mitte April bis Mitte Juli. Die Gelegegröße beträgt zumeist vier Eier, seltener 3. Die Brutdauer beträgt ca. 18 – 20 Tage. Schlüpftermine liegen im Mai und Juni; die Führungszeit dauert vom Schlupf der Küken bis zur vollständigen Flugfähigkeit zwischen 4 und 5 Wochen. Eine Jahresbrut. Über die Zahl der Gelege gibt es bei der Bekassine unterschiedliche Aussagen. In einigen Fällen kommt es auch im Juni zu Balzaktivitäten bzw. zu verstärkten Balzaktivitäten mehrerer Paare. Die Nahrung besteht größtenteils aus bodenlebenden Würmern, Schnakenlarven usw. Die Fluchtdistanz ist relativ gering, da die Art sich lange in Deckung hält und erst kurz vor der Annäherung auffliegt.
Verbreitung in Rheinland-Pfalz:
Nominatform im größten Teil unserer Region, wird auf lsland, den Färöern, Shetlands und Orkneys durch faeroeensis vertreten (überwintert auf den westlichen Britischen Inseln); diese Form insgesamt mehr rostbraun und oberseits mit schmaleren schwarzen Abzeichen. In Deutschland weit verbreiteter, aber nicht häufiger Brutvogel; regelmäßiger Durchzügler, nur ausnahmsweise Wintergast. In Rheinland-Pfalz konzentriert auf Westerwald, selten auch in der Eifel und der Pfalz.
Vorkommen in Vogelschutzgebieten:
Gefährdungen:
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Lebensraumverlust durch Intensivierung der Landwirtschaft (Entwässerung, Grundwasserab-senkung, Eindeichung, Verbauung) und Grünlandumbruch;
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Intensivierte Bewirtschaftung: Überweidung, größere Anzahl und andere Zeitpunkte der (extrem frühen) Mähtermine, großflächige Mahd in sehr kurzer Zeit sowie Mechanisierung, Pestizideintrag und Überdüngung;
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Direkte Verfolgung in den Durchzugsgebieten im Mittelmeerraum (Abschuss, Fang);
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Pestizideinsatz in den Überwinterungsgebieten;
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Tod an Freileitungen, Masten, Sendetürmen etc.
Empfehlungen zum Schutz und zur Förderung der Art:
- Erhalt und Schutz verbliebener oder Wiedervernässung bzw. Renaturierung ehemaliger Niedermoore, Feuchtwiesen, Feuchtweiden und Flussniederungen (Auen); Aufschüttung von Drainagegräben; Wiederherstellung intakter, extensiv genutzter, ungedüngter (oder ausgemagerter) Feuchtgrünlandflächen;
- Reduzierung intensiv genutzter Wiesen, Abstimmung der Mähtermine und Förderung kleinparzelliger Mahd (Ausweichflächen) sowie das Belassen größerer Randstreifen (sei es nur für kurze Zeit) und Wahl des Mähgerätes;
- Offenhaltung verbuschender Feucht- und Nassgrünländer, z. B. durch extensive Beweidung und lokale Wiedervernässung.
Literatur:
Bauer, H.-G. & P. Berthold (1996): Die Brutvögel Mitteleuropas – Bestand und Gefährdung. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Bauer, H.-G., Berthold, P., Boye, P., Knief, W., Südbeck, P. & K. Witt (2002): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands (3. überarb. Fassung, 8.5.2002). – Berichte zum Vogelschutz 39: 13-60, Nürnberg.
Bay. Landesamt für Umweltschutz: Erhaltungsziele für die Arten der VS-RL: Bekassine – Gallinago gallinago.
Beaman, M. & S. Madge (1998): Handbuch der Vogelbestimmung: Europa und Westpalaearktis. – Ulmer Verlag, Stuttgart.
Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Nonpasseriformes. – Aula-Verlag, Wiesbaden.
Bezzel, E. (1995): BLV-Handbuch Vögel. – BLV, München.
Braun, M., Kunz, A. & L. Simon (im Druck): Rote Liste der Vögel in Rheinland-Pfalz.
Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands – Grundlagen für den Gebrauch vogelkundlicher Daten in der Landschaftsplanung. – IHW, Eching.
Hölzinger, J. & M. Boschert (2001): Die Vögel Baden-Württembergs, Nicht-Singvögel 2. – Ulmer Verlag, Stuttgart.
Kunz, A. & C. Dietzen (2002): Die Vögel in Rheinland-Pfalz – eine aktuelle Artenliste (Stand 01.12.2002). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 28: 207-221, Landau.
Kunz, A. & L. Simon (1987): Die Vögel in Rheinland-Pfalz – Eine Übersicht. – Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz 4, 3: 353-657, Landau.
Kunz, M. (1998): Zur Verbreitung und Bestandssituation von Kiebitz (Vanellus vanellus) und Bekassine (Gallinago gallinago) im Westerwald (Rheinland-Pfalz). – Fauna Flora Rheinland-Pfalz, Beiheft 23: 157-168, Landau.
Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (2002): Artensteckbriefe zu den Zielarten der Vogelschutzrichtlinie. – Frankfurt/M.