Steckbrief zur Art 1355 der FFH-Richtlinie
Fischotter (Lutra lutra)
Gruppe:
Säugetiere
Merkmale:
Der Fischotter ist der längste der einheimischen Marder. Ausgewachsene Tiere erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von bis zu 90 cm. Der Schwanz wird bis zu 50 cm lang. Männchen können ein Gewicht von 13 kg erreichen, Weibchen sind etwas leichter. Das sehr dichte, kurzhaarige Fell ist braun. An der Bauchseite treten individuell gefärbte graue bis weiße Stellen auf. Der stromlinienförmige Körper mit den kurzen Beinen ist hervorragend an das Wasserleben angepasst. Auffällig sind die Pfoten, deren fünf lange, mit Krallen bewehrte Zehen durch Schwimmhäute verbunden sind. Beim Tauchen kann der Otter Ohren- und Nasenöffnungen verschließen. Der Fischotter kann 15 bis maximal 20 Jahre alt werden. Die durchschnittliche Lebenserwartung ist jedoch deutlich geringer. In der Natur werden sie wohl selten älter als 10 Jahre.
Lebensraum:
Der Fischotter besiedelt alle vom Wasser beeinflussten Lebensräume. Durch den Menschen entstandene Sekundärlebensräume werden genauso angenommen wie Bäche, Flüsse und Weiher. Voraussetzungen sind sauberes Wasser, gutes Nahrungsangebot und Strukturvielfalt der Gewässer und ihrer Uferbereiche. Notwendige Strukturen sind beispielsweise Flachwasserzonen, Kolke, über das Wasser ragende Steine, Sandbänke, Schilf- und Röhrichtzonen und Ufergehölze. Die Größe des benötigten Lebensraumes variiert mit dessen Qualität und je nach Jahreszeit. Ein einzelner Otter benötigt jedoch immer große Reviere von mehreren Kilometern Gewässerstrecke, männliche Tiere durchaus 15 bis 20 km. Die Reviere der Weibchen sind kleiner, oft liegen mehrere in einem Männchenrevier.
Biologie und Ökologie:
Fischotter sind überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Seine Schlafhöhlen legt der Marder bevorzugt in Ufernähe an, um bei Gefahr schnell im Wasser zu sein. Er ist ein ausgezeichneter Schwimmer, der bis zu 8 Minuten unter Wasser bleiben kann, wobei er Strecken bis zu 300 m zurücklegt.
Fischotter fressen Fische, Krebse, Frösche, Schnecken, Vögel und Kleinsäuger, die sie am Ufer aufstöbern oder im Wasser erbeuten. Tauchgänge zum Fischfang unternehmen sie vorzugsweise in Flachwasserzonen.
Jungtiere können zu allen Jahreszeiten geboren werden, da Fischotter keine feste Paarungszeit haben. Die Weibchen bringen nach einer Tragzeit von 60-63 Tagen einmal im Jahr 1 bis 3, selten auch 5 Junge zur Welt. Diese bleiben rund 8 Wochen im Bau und werden bis zu einem halben Jahr von ihrer Mutter gesäugt. Interessanterweise sind junge Fischotter wasserscheu. Deshalb kann es vorkommen, dass die Mutter die Jungen im Nacken packt und eintaucht, um sie mit dem neuen Element erstmals bekannt zu machen. Die jungen Otter bleiben bis zu einem Jahr bei ihrer Mutter und werden intensiv betreut.
Verbreitung in Rheinland-Pfalz:
Während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Fischotter durch die intensive Bejagung und den Verlust geeigneter Lebensräume in weiten Teilen Europas ausgestorben. Nach Einräumen einer ganzjährigen Schonzeit durch das Bundesjagdgesetz im Jahre 1968 und der Verbesserung der Wasserqualität begannen sich die Restpopulationen der Otter seit den 90er Jahren wieder auszubreiten. Im Osten Deutschlands ist der Fischotter heute großflächig verbreitet, in Rheinland-Pfalz kommt er (nach Angaben Luxemburgs) nur im Bereich des Grenzflusses Our vor. Da inzwischen einzelne Tiere bzw. kleine Vorkommen auch in Nordrhein-Westfalen, in Luxemburg, Belgien und im Elsass existieren, ist mit einer Einwanderung auch in Rheinland-Pfalz (Eifel) zu rechnen.
Vorkommen in FFH-Gebieten:
6003-301 - Ourtal |
Gefährdungen:
Die Belastung der Gewässer mit Schadstoffen sowie der Verlust großer, unzerschnitten zusammenhängender, naturnaher Gewässerlebensräume sind heute die Hauptursachen für den Rückgang des Fischotters in Europa.
Auch Gewässerausbau, Uferbefestigungen und menschliche Freizeitaktivitäten gefährden Otter-Lebensräumen. Fischreusen können Todesfallen darstellen. Menschliche Siedlungen und stark befahrene Verkehrswege sind für den Otter als sehr mobile Art Barrieren und Gefahrenstellen. Durch den Straßenverkehr sind große Verluste zu verzeichnen.
Schutzmaßnahmen:
Ein Schutzkonzept für den Fischotter muss vorrangig die Erhaltung und Entwicklung großflächiger naturnaher Gewässersysteme und strukturreicher Auen zum Ziel haben. Weitere Zerschneidungen der Landschaft, auch außerhalb von Auen, und technische Eingriffe am Gewässer sollen möglichst vermieden werden. Im Bereich von bestehenden Siedlungen und Verkehrswegen sind geeignete Maßnahmen durchzuführen, die den Ottern eine gefahrlose Durchwanderung und Überquerung ermöglichen. Schadstoffeinträge und Reusentod sind zu begrenzen. In Ottergebieten ist es erforderlich, die Erholungsnutzung naturverträglich auszurichten und zu lenken.
Literatur:
Behl, S. (2006): Die nordwestliche Arealerweiterung des Fischotters (Lutra lutra) in Deutschland in den Jahren 1990 bis 2005. Beiträge zur Jagd- und Wildforschung 31: 213-221.
Deutsche Bundesstiftung Umwelt (Hrsg.) (2008): Wo geht es lang? Der Fischotter erobert sich ehemalige Lebensräume zurück. Öko-Jagd 12(2): 31-32.
Krüger, H.-H.; Reuther, C.; Krekemeyer, A. (2005): Die Rückkehr des Fischotters. Fischliebhaber im dichten Pelz. Öko-Jagd 2. 20-24.
Krüger, H.-H. (2006): Fischotter Lutra lutra - der heimliche Rückkehrer. Öko-Porträt 42. Naturschutzverband Niedersachsen und Biologische Schutzgemeinschaft Hunte Weser-Ems (Hrsg.): 8 pp.
Krüger, H.-H. (2008): Wiederansiedlung von Fischottern - Krücke oder Krone des Naturschutzes? Zum Stand und zur Diskussion um die Wiedereinbürgerung von Fischottern. Otter-Post 29(2): 2, 4-5.
Lampe, A. (2009): Gejagt, geschützt, gesucht. Fischotter in Deutschland. Wild und Hund 112(20): 36-41.
Laufmann. P. (2004): Das Comeback der Fischotter. Natur und Kosmos 5. 34-36.
Petersen, B.; Ellwanger, G.; Bless, R.; Boye, P.; Schröder, E.; Ssymank, A. (Bearb.) (2004): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd.2: Wirbeltiere. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/2. Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Hrsg.): 427-435.
Reuther, C. (1993): Der Fischotter. Lebensweise und Schutzmaßnahmen. Naturbuch Verlag. Augsburg.
Schreyer, R. M.; Jahn, A. (2006): Erfahrungen mit Fischotterquerungshilfen im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. Naturschutzarbeit in Sachsen 48: 59-64.
Teubner, J.; Teubner, J.; Dolch, D. (2007): Können technische Maßnahmen Fischotterverluste im Straßenverkehr vermindern. Erfahrungen aus dem Land Brandenburg. Beiträge zur Jagd- und Wildforschung 32: 231-237.