1041 - Gekielte Smaragdlibelle (Oxygastra curtisii) | FFH-Arten in RLP

Steckbrief zur Art 1041 der FFH-Richtlinie

Gekielte Smaragdlibelle (Oxygastra curtisii)

Gruppe:

Libellen

Merkmale:

Die Gekielte Smaragdlibelle, auch Gekielter Flussfalke genannt, zeichnet sich durch smaragdfarbene Augen, einen metallisch-dunkelgrünen Thorax (Brust) sowie einen grünschwarz-dunkelbraun metallisch glänzenden Hinterleib aus, auf dem sich dorsal goldgelbe Längsflecken befinden. Sie ist 5 bis 5,5 cm groß und besitzt eine Spannweite von 6,5 bis 7 cm. Der deutsche Name leitet sich von dem Mittelkiel auf dem zehnten Hinterleibssegment der Männchen ab.

Lebensraum:

Die Gekielte Smaragdlibelle fliegt vorwiegend an ruhig fließenden Flussabschnitten, deren Ufer von Pappeln, Erlen oder Weidengebüschen gesäumt sind. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand werden im oberen und mittleren Flussbereich (Epi- und Metapotamal) Abschnitte bevorzugt, die strömungsberuhigt oder sogar, beispielsweise durch umgestürzte Bäume, leicht rückgestaut sind. Oft sind die Ufer leicht erodiert, sodass die Wurzeln der Erlen gut sichtbar sind. In diesen Uferabschnitten patrouillieren die Männchen auf der Suche nach Weibchen. Ein warmes Mesoklima ("Geländeklima") vorausgesetzt, bevorzugt die Gekielte Smaragdlibelle sogar beschattete oder im Halbschatten liegende Uferabschnitte.

Neuere Untersuchungen zeigen, dass sich die Larven von Oxygastra wohl ausschließlich im Wurzelgeflecht der Ufergehölze, vor allem von Erlen und Weiden, aufhalten. Dies kann als Schutz vor Fressfeinden wie anderen Libellenlarven oder Fischen angesehen werden. Die Larven der sonst im selben Lebensraum auftretenden Libellen bevorzugen beispielsweise die Wasservegetation oder leben am Gewässergrund.

Die Weibchen der Gekielten Smaragdlibelle halten sich bevorzugt abseits der Gewässer auf. Vor allem die Säume lichter, wärmebegünstigter Wälder, extensiv genutzte Magerrasen, Obstwiesen und Gehölzgruppen haben eine besondere Bedeutung als Jagd- und Ruhebiotope.

Biologie und Ökologie:

Die Eiablage findet in beschatteten Uferbereichen mit einer überhängenden Vegetation statt. Dort streifen die Weibchen die Eier auf der Wasseroberfläche ab.

Die Embryonalentwicklung ist stark temperaturabhängig. Es wurden bisher Entwicklungszeiten von 17 bis 72 Tagen beobachtet. Man nimmt eine zwei- bis dreijährige Entwicklungszeit der Larven an.

Nach dem Schlüpfen der Libelle hält diese sich während der etwa 10 Tage dauernden Reifezeit, in der sich die Fortpflanzungsorgane voll entwickeln, in den flussangrenzenden, extensiv genutzten, insekten- und gehölzreichen Biotopen auf. 

Nach der Reifezeit grenzen die Männchen am Fluss Reviere ab, die etwa 10 bis 15 m eines Uferabschnittes umfassen. Dort fliegen sie ca. 20 bis 30 cm hoch über der Wasseroberfläche auf der Suche nach Weibchen. Sowohl gegenüber Individuen derselben Art als auch gegenüber anderen Libellenarten werden die Reviere verteidigt.

Verbreitung in Rheinland-Pfalz:

Die Gekielte Smaragdlibelle ist eine westmediterrane Art. In den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts kam sie an der Sieg in Nordrhein-Westfalen in unmittelbarer Grenznähe zu Rheinland-Pfalz vor. Danach galt sie bis zu ihrer Wiederentdeckung 1999 in Deutschland als verschollen. Heute ist diese Art deutschlandweit nur an der Our in der Eifel zu finden.

Vorkommen in FFH-Gebieten:

6003-301 - Ourtal

Gefährdungen:

An der Our sind in Teilabschnitten alle für die Gekielte Smaragdlibelle notwendigen Biotopstrukturen vorhanden. Da sowohl die Larven als auch die flugfertigen Insekten hoch spezialisiert sind, können Eingriffe im Rahmen von Unterhaltungsmaßnahmen am Gewässer zu erheblichen Beeinträchtigungen der Populationsstruktur führen.

Negative Auswirkungen hat eine Erhöhung der Fließgeschwindigkeit des Wassers. Sie verhindert eine erfolgreiche Eiablage (Verdriftungsgefahr) beziehungsweise greift durch Veränderung der Sedimentstruktur in die Larvenlebensräume ein.

Eine hohe Empfindlichkeit der Imagines besteht gegenüber Eingriffen in die Gehölzvegetation am Ufer, da die Beschattungsverhältnisse und damit auch die kleinklimatisch wirkenden Bedingungen am Gewässer verändert werden. Eine geschlossene Bepflanzung mit Erlen würde zum Erlöschen der Population führen, aber auch das Fehlen von Erlen als Strukturen für die Eiablage und als Larvenlebensraum bedeutet den Verlust der Lebensraumfunktion für die Gekielte Smaragdlibelle.

Problematisch ist der Schadstoffeintrag durch landwirtschaftliche Nutzungen und Einleitung aus Haushalten.

Auch Besatzmaßnahmen mit Fischen, mit denen aufgrund der intensiven Angeltätigkeit regelmäßig zu rechnen ist, schädigen die Population.

Schutzmaßnahmen:

Da bisher kaum geeignete naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu Schutzmaßnahmen für die Gekielte Smaragdlibelle vorlagen, wurde in den Jahren 2004 bis 2006 im Auftrag des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht ein Artenschutzprojekt für diese Art durchgeführt.

Den Ergebnissen zufolge ist die Strukturvielfalt der Flussufer der Our zu erhalten und eine geschlossene Bepflanzung mit Erlen zu vermeiden.

Schadstoffeinträge durch landwirtschaftliche Nutzungen und Einleitungen aus Haushalten sowie Besatzmaßnahmen mit Fischen sind zu vermeiden. Eine extensive landwirtschaftliche Nutzung der Aue und ein mindestens 10 Meter breiter Uferstreifen im Bereich von Intensivkulturen sind anzustreben.

Mögliche Eiablagebereiche mit starker Strömung können mit einfachen Mitteln wie beispielsweise dem Einbringen von Steinen optimiert werden.

Bei Eingriffen in das Gewässersystem ist eine fachliche Prüfung der Folgen unerlässlich. Eine fachliche Konzeption für die Our könnte dazu beitragen, den unterschiedlichen Interessen und der biologischen Vielfalt dieses Gewässers gerecht zu werden.

Literatur:

Leipelt, K. G. (2001): Gekielte Smaragdlibelle (Oxygastra curtisii). In: Fartmann, T.; Gunnemann, H.; Salm, P.; Schröder, E.: Berichtspflichten in Natura 2000-Gebieten. Angewandte Landschaftsökologie 42: 351-355.

Ott, J.; Schorr, M.; Trockur, B.; Lingenfelder, U. (2007): Artenschutzprogramm für die Gekielte Smaragdlibelle (Oxygastra curtisii, Insecta: Odonata) in Deutschland - das Beispiel der Population an der Our. Invertebrate Ecology and Conservation Monographs, Vol. 3. 131 pp.

Petersen, B.; Ellwanger, G.; Biewald, G.; Hauke, U.; Ludwig, G.; Pretscher, P.; Schröder, E.; Ssymank, A. (Bearb.) (2003): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Bd.1: Pflanzen und Wirbellose. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/1. Bundesamt für Naturschutz, Bonn (Hrsg.): 602-610.

Schorr, M. (1990): Grundlagen zu einem Artenhilfsprogramm Libellen der Bundesrepublik Deutschland. Ursus Scientific Publishers. Bilhoven. 512 pp.

Schorr, M. (2004): Die Gekielte Smaragdlibelle (Oxygastra curtisii Dale, 1834) an der Our (Rheinland-Pfalz/Luxemburg) (Insecta: Odonata: Corduliidae) - Anmerkung zur regionalen Verbreitung. Fauna und Flora in Rheinland-Pfalz 10(2). 627-643.

Sternberg, K.; Buchwald, R. (Hrsg.) (2000): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 2: Großlibellen (Anisoptera). Ulmer. Stuttgart. 712 pp.

Voss, R.; Werven, D. van (1999): Bonslibel Oxygastra curtisii bij de Our op de Luxemburg - Duitse grens. NVL Nieuwsbrief. Mededelingenorgaan van de Nederlandse Vereniging voor Libellenstudie 3(3): 7-8.

Stand: 11.02.2014